Die Eidgenossenschaft will sparen:
Am 29. Januar 2025 kommunizierte der Bundesrat, dass nach über 30 Jahren die bilaterale Entwicklungshilfe in Albanien, Bangladesch und Sambia beendet werde. Das Parlament hatte für 2025 Budgetkürzungen von 110 Millionen Franken und von 321 Millionen Franken für 2026 bis 2028 beschlossen. Die Gesellschaft Schweiz-Albanien bedauert den raschen Rückzug, kann das Ziel einer schrittweisen Beendigung aber nachvollziehen.
Kaum Beachtung
Albanien war bei der Parlamentsdiskussion im Dezember kein Thema gewesen. Mehr im Vordergrund standen die Ukraine, der globale Süden und die Migration. Auch die Schweizer Medien haben das Thema kaum aufgegriffen.
Den bedeutendsten Medien in Albanien war der Bundesratsbeschluss aber doch eine kurze Meldung wert. Ein Aufschrei blieb hingegen auch in Tirana aus – nur Shqiptarja.com schrieb von einem Schock für Albanien. Das Land scheint einen Punkt erreicht zu haben, wo es nicht mehr allzu sehr schmerzt, wenn Hilfsgelder aus der Schweiz ausbleiben. Mehr beschäftigt hat Albanien, dass tags zuvor in Washington beschlossen worden war, vorerst alle Programme der Entwicklungshilfe einzufrieren, bis geprüft sei, ob die Ausgaben auch sinnvoll sind. Der Entscheid der Trump-Administration ist für Albanien sicherlich einschneidender.
30 Jahre Entwicklungshilfe – was bleibt?

So stellt sich die Frage, was denn 30 Jahre Entwicklungshilfe dem Land gebracht haben. Was hat die Schweiz überhaupt da gemacht?
Am Anfang stand natürlich die Nothilfe im Vordergrund wie die Renovation von Spitälern, die Verbesserung der Versorgung mit Brot, die Unterstützung der albanischen Post oder die Förderung der Landwirtschaft. Über die Zeit hat sich die Schweizer Hilfe immer mehr in den wenig sichtbaren Hintergrund verlagert. Man wolle das Land bei seinen Reformvorhaben unterstützen, ist heute noch immer auf der Website vom EDA zu lesen. Dazu gehörten die Schwerpunkte «demokratische Regierungsführung», «wirtschaftliche Entwicklung und Beschäftigung», «städtische Infrastruktur und Energie» sowie «Gesundheit». Viele Projekte erregten kaum Aufmerksamkeit: Gerade die Zusammenarbeit mit Behörden wie die Unterstützung des Statistikinstituts INSTAT bei der Volkszählung oder die Förderung der Dezentralisierung sind keine Vorzeigeprojekte, die mit medienwirksamen Eröffnungen gefeiert werden konnten. Auch bei der Wirtschaftsförderung oder bei den Arbeiten zur Erdbebensicherheit von Staudämmen waren die Effekte mehr langfristig angeplant.

Albanien war über 30 Jahre Schwerpunktland der Schweizer Entwicklungshilfe gewesen. Wie viel die Schweizer Hilfe wirklich gebracht hat, ist somit schwierig einzuschätzen. Im Einzelfall gab es sicherlich auch Projekte, die wenig brachten – so zeigten die jahrzehntelangen Bemühungen, dem Land ein fremdes Berufsbildungskonzept überzustülpen, nur wenig Auswirkungen. Insgesamt kann man aber sicher davon ausgehen, dass die grosszügige und sehr umfangreiche Schweizer Hilfe viel zur Stabilisierung und Normalisierung in Albanien beigetragen hat.
Für die Jahre 2022 bis 2025 hatte das DEZA 105 Millionen Franken für Albanien budgetiert. In den ersten 25 Jahren waren es über 320 Millionen Franken an Entwicklungs- und Finanzhilfe nach Albanien geflossen. Über die Zeit sind das deutlich mehr als 100 Franken pro Albaner!
Der Rückzug aus Albanien soll schrittweise bis 2028 erfolgen. Die wichtige Finanzhilfe durch das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) soll auch über 2028 hinaus fortgesetzt werden.
Albanien eine Erfolgsstory?
Entwicklungshilfe dient immer auch dem Selbstzweck. Während bei anderen mittel- und osteuropäischen Ländern mit dem Aufbau von demokratischen Strukturen und marktwirtschaftlichen Verhältnissen auch ein Absatzmarkt für die eigene Wirtschaft entwickelt wurde, fehlt diese Perspektive im Falle von Albanien eigentlich bis heute.
Gerade im Falle von Albanien war die «Osthilfe» stark von migrationspolitischen Interessen geprägt. Mit dem wirtschaftlichen und politischen Wiederaufbau des Landes, den die Schweiz laut Bundesrat Flavio Cotti (Handelszeitung 1996) stark unterstützt habe, wollte man vor allem sicherstellen, dass nicht noch mehr Albaner ihre Heimat verlassen.
Hilfe darf nicht zum Selbstzweck werden. Entwicklungshilfe muss auch ein Ende haben – dies ist sowohl im Sinne der Geldgeber als auch der Empfänger.
Dass es sich die Schweiz heute «leisten kann», sich aus Albanien zurückzuziehen, liegt auch an den deutlich stabileren Verhältnissen im Land. Zwar ist die Migration in Albanien bedrohlicher denn je – aber aus Blick der Geberländer läuft sie in geordneten Bahnen ab. Leider ist auch Armut noch immer ein Thema in Albanien. Aber die Schweizer Projekte setzten hier ja nur indirekt an und die Wirtschaft entwickelt sich dank steigender Touristenzahlen ganz ordentlich.
In diesem Kontext ist weniger der Rückzug der Schweiz aus der Entwicklungshilfe zu kritisieren als das wie. Ein geordneter, allmählicher Rückzug wäre in vielerlei Hinsicht wünschenswert gewesen.
Wie weiter in den albanisch-schweizerischen Beziehungen?

Gegenüber dem albanischen Sender Reporter TV erklärte die Schweizer Botschaft in Tirana:
«Die Schweiz ist weiterhin entschlossen, Albanien auf seine Entwicklung bis 2028 und darüber hinaus zu unterstützen, insbesondere mit vom SECO finanzierten Instrumenten der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit. Sie fördert ein umwelt- und klimafreundliches sowie sozial verträgliches Wirtschaftswachstum. Die Unterstützung des SECO umfasst Bereiche wie die Stärkung der Finanzinstitute, die makroökonomische Stabilität, das Wachstum des privaten Sektors, ein günstiges Geschäftsumfeld und den grünen Wandel.»
Weiter hielt die Botschaft fest: «Dies […] widerspiegelt auch die bedeutenden Fortschritte Albaniens in Richtung europäischer Integration, die zu neuen Modalitäten der Entwicklungszusammenarbeit führen.» Man wolle weiterhin Fachwissen aus der Schweiz nach Albanien vermitteln und Partnerschaften zwischen schweizerischen und albanischen Institutionen fördern.
Auch wenn die Botschaft betont, dass man den Übergang strukturiert gestalten wolle: Viele Fragen zur Zukunft in den albanisch-schweizerischen Beziehungen sind wohl noch offen. Denn diese Beziehungen waren vor allem durch die Schweizer Hilfe in Albanien geprägt, was auch die Ausrichtung und personelle Besetzung der Botschaft in Tirana bestätigt.
Es gilt jetzt, den bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Ländern eine neue Ausrichtung zu geben.