Stellungnahme der Gesellschaft Schweiz–Albanien anlässlich der zögerlichen Zusammenarbeit der Zürcher Behörden mit den Organisatoren des «Alba Festivals»
«Zürichs Kulturleben soll vielfältig und herausragend sein» schreibt Stadtpräsidentin Corinne Mauch in Zürichs Kulturleitbild. Weiter ist dort zu lesen, dass man Rahmenbedingungen für Künstler und Publikum verbessern möchte, dass man Diversität leben und möglichst viele Menschen erreichen möchte, dass man neue Wege einschlagen soll. Private Veranstalter seien zentral für die «Lebendigkeit und Vielfalt der Kulturlandschaft». Es wird auch festgehalten, dass Kultur (Frei-)Räume brauche.
Verfolgt man die Querelen rund um das «Alba Festival» in den letzten Jahren, entsteht der Eindruck, dass die Stadt keinem dieser eigenen Grundsätze folgt. Ein privat organisierter Musik-Anlass wie das «Alba Festival» scheint in Zürich nicht willkommen zu sein. Die diesjährige Ausgabe musste abgesagt werden, weil die Zürcher Behörden zu lange brauchten für Entscheide und Bewilligungen.
Obwohl die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus die kurzfristige Absage des «Alba Festivals» 2021 als diskriminierend verurteilt und die Zürcher Kantonsregierung gerügt hatte, waren die Stadtzürcher Behörden dieses Jahr alles andere als entgegenkommend gegenüber den Organisatoren. Während mit den illegalen Besetzern des Hardturm-Areals rasch eine Einigung über die Nutzung getroffen wurde, wurden die Organisatoren des Festivals – zahlungswillige Mieter – monatelang im Ungewissen gelassen. Die Behörden vermieden es, mit den Organisatoren den Dialog und eine Lösung zu suchen. Die Stadt reagierte erst nach politischem und medialem Druck – nach wie vor nur langsam und zögerlich. Entsprechend wurde die Angelegenheit zum Politikum und jeder kleine Entscheid musste medial kommuniziert werden. Als die Bewilligung endlich da war, verblieb nicht genug Zeit, um das Festival zu organisieren.
In der Öffentlichkeit entstand der Eindruck, als würden die Interessen der albanischen Community nicht ernst genommen, dass alles andere wichtiger sei. Ein Eindruck, der nach den unglücklichen Ereignissen der Vorjahre unbedingt hätte vermieden werden müssen. Alle anderen Interessen scheinen höher gewichtet zu werden – sogar solche von illegalen Besetzern. Unter Albanerinnen und Albanern entsteht das Gefühl, dass man mit ihnen alles machen könne.
Es kann nicht sein, dass zögerliches Verhalten von Behörden dazu führt, dass sich eine Bevölkerungsgruppe übergangen fühlt. Unabhängig von der Herkunft müssen alle einen Anspruch auf eine rasche Erledigung ihrer Anträge haben.
- Wir fordern die städtischen Behörden auf, den albanischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern das Entgegenkommen und die Aufmerksamkeit zu schenken, die ihnen gebühren.
- Wir fordern die städtischen und kantonalen Behörden auf, ein Verhalten zu vermeiden, durch das sich einzelne Bevölkerungsgruppen minderwertig oder übergangen fühlen.
- Wir fordern die städtischen und kantonalen Behörden auf, mit Veranstaltern von Anlässen, die wichtig für die Integration ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger sind, stets schnell, offen, transparent und ehrlich zu kommunizieren.
- Wir fordern die städtischen Behörden auf, ihre eigenen kulturpolitischen Grundsätze auch auf kulturelle Anlässe grosser Migrantengruppen anzuwenden.
Als ein Verein mit Sitz in Zürich müssen wir mit Bedauern feststellen, dass nach den kantonalen auch die städtischen Behörden mit ihrem Verhalten der Ausstrahlung der Stadt keinen Dienst getan haben.
Es ist der Gesellschaft Schweiz-Albanien ein grosses Anliegen, dass Zürich als grösste Stadt der Schweiz eine Stadt ist, die Vielfalt lebt (gemäss ihren eigenen integrationspolitischen Ziele 2022–2026: «Zürich ist gelebte Vielfalt») und ein Ort ist, an dem sich Menschen albanischer Herkunft wohl und willkommen fühlen. Mehr als zwei Prozent der Zürcherinnen und Zürcher sind albanischer Herkunft (Mutter- oder Hauptsprache Albanisch; «Statistik Stadt Zürich» 2021) – sie sollen sich durch die Behörden ihres Wohnorts repräsentiert und angenommen fühlen.
Das «Alba Festival» soll als Chance für gelebte Integration gesehen werden und nicht als mühsame Arbeitslast im Behördenalltag.
Zürich, 23. Juli 2023
An: Vertreterinnen und Vertreter des Stadtrats, des Kantonsrats, der Parteien, albanische Politikerinnen und Politiker, Medien, Liegenschaften Stadt Zürich
Nachtrag: Dank erneut an die NZZ, die in einem Kommentar am 28. Juli ebenfalls auf diese Problematik hingewiesen hat:
«Zürich tappt in die Diskriminierungsfalle»
Nachtrag 2: Auf unseren Versand haben wir bereits zahlreiche positive Rückmeldungen erhalten. Von der Stadt haben wir eine Antwort erhalten, dass die Antwort ferienbedingt noch etwas dauert.