Nachruf auf den Gründer der Gesellschaft Schweiz-Albanien
Heute Morgen ist Rolf Alther in seinem 80. Lebensjahr in Durrës verschieden. Eine kurze, schwere Krankheit, die er stoisch erdulte, prägte seine letzten Monate. Er hinterlässt seine Frau Sofije und zwei Töchter aus erster Ehe.
Ein Mann mit Zuversicht
Rolf Alther war Zeitlebens ein positiv denkender Mensch, der anpackte, wenn er eine Chance sah. Er war Unternehmer, Politiker und Gründer der Gesellschaft Schweiz-Albanien.
Am Bodensee aufgewachsen, blieb er der Ostschweiz fast zeitlebens verbunden – bis ihn nach seiner Pensionierung die Liebe zu Albanien packte. Der Goldacher absolvierte eine Lehre als Elektromechaniker und bildete sich später in der Maschinenindustrie weiter. 1983 gründete er eine erste Firma. Mit zwei Firmen war er in der Zulieferung für die Automobilindustrie tätig. Ob seine Faszination für luxuriöse deutsche Autos daher stammte? Auch als Berater für Industriebetriebe war er lange über seine Pensionierung hinaus tätig.
Von 1976 bis 1989 sass Rolf Alther für den Landesring der Unabhängigen (LdU) im St. Galler Kantonsrat. Zudem war er von 1976 bis 1980 Präsident der Kantonalpartei. Mit Genugtung blickte er angesichts der Erfolge der Grünen und Grünliberalen auf seine politische Arbeit zurück. Der LdU vertrat schon in den 70er Jahren soziale, liberale und vor allem auch grüne Ideen.
Chance Albanien
Als Mann der Wirtschaft war Rolf Alther zeitlebens bereit, neue Sachen auszuprobieren. Eine Erkundungsreise mit einem ehemaligen albanischen Mitarbeiter führte ihn nach Kosovo und Albanien. Kosovo war schnell vom Tisch, aber in Albanien sah er Potential, das genutzt werden wollte.
Ende 2007 gründete er deshalb die Gesellschaft Schweiz-Albanien. Eines seiner grossen Talente war, Menschen zu vernetzen und zu motivieren. So hatte Rolf Alther schon bald die Basis gelegt für den neuen Verein: sein Netzwerk vereint bis heute Behörden, Schweizer Unternehmer, Albanien-Liebhaber und Albaner.
Der Schweizer Vereinskultur zollte Rolf Alther zeitlebens hohe Achtung. Er war ein geselliger Mensch, der gerne den Austausch suchte und Mitstreiter um sich vereinte.
Seine private Motivation war, in Albanien wirtschaftlich zu investieren und das Land beim Wiederaufbau zu unterstützen. Er engagierte sich aber auch darüber hinaus als Vermittler zwischen den beiden Kulturen und arbeitete unermüdlich am gegenseitigen Austausch. Auch mit den albanischen Künstlern in der Schweiz – sei es Klassik oder Jazz – pflegte er regen Austausch. Konzerte gehörten zu seinen Highlights, und den Auftritt von Elina Duni bei der GSA machte er mit privaten Zuschüssen möglich. 2016 übergab er das Präsidum der Gesellschaft Schweiz-Albanien. In Anerkennung seiner Tätigkeiten wurde er im Jahr darauf zum Ehrenmitglied der Gesellschaft Schweiz-Albanien ernannt.
Wie bei der Politik war er wohl auch beim Thema Albanien der Zeit voraus. Er erkannte das Potential, aber trotz seiner endlosen Bemühungen wurde das Klinkenputzen nur von bescheidenem Erfolg belohnt – zumindest kurzfristig. So betonte er nämlich immer wieder, wie sich die Wahrnehmung gegenüber Albanien in der Schweizer Wirtschaftswelt gewandelt habe. Anfangs erreichte er kaum einen Gesprächsparter – aber schon bald durfte er feststellen, dass immer mehr sehr interessiert auf das Stichwort Albanien reagierten.
Lebensabend am Meer
2015 war die Zeit reif für Rolf Alther, bei der anstregenden Vereinsarbeit etwas kürzer zu treten. Mit seiner neuen Frau Sofije, die er im Rahmen seines Albanien-Engagements kennengelernt hatte, zog er nach Durrës. In der ersten Reihe genoss er während seines Lebensabends nicht nur den Ausblick aufs Meer und das milde Wetter, sondern auch die albanische Lebensart. Er genoss die Stunden am Strand, die Oper von Tirana, den Austausch im Schweizer Club und die albanische Gastronomie.
Die letzten Jahre waren nicht immer einfach: Erdbeben erschütterten das albanische Zuhause und Corona brachte weltweit das Leben zum Stillstand. Gesundheitlich machte sich bei Rolf Alther das Alter immer stärker bemerkbar. Aber er schaute weiterhin zuversichtlich voraus. Die Krankheit akzeptierte er, ohne sie ins Endlose hinauszögern zu wollen. Er wollte in Albanien bleiben, und wurde von Sofije bis zum Schluss liebevoll gepflegt. Wie von ihm gewünscht wird er auch in Durrës beerdigt werden.
Dank
Wir sind Rolf zu grossem Dank verpflichtet und werden uns bemühen, sein Erbe weiterzupflegen. Es gab in der Schweiz schon viele Albanien-Enthusiasten vor ihm – aber er war derjenige, der uns in der Gesellschaft Schweiz-Albanien zusammengebracht hat. Dank ihm können wir uns in diesem Rahmen über das Land austauschen, dank ihm können wir über die GSA dem Land helfen, dank ihm hat Albanien in der Schweiz eine Stimme und Vertetung, dank ihm finden andere Interessierte eine Anlaufstelle für Informationen.
Rolf war aber auch eine Persönlichkeit – man darf sich glücklich schätzen, ihn kennengelernt zu haben. Stets fröhlich, gesellig, umsichtig und doch zielgerichtet und unermüdlich engagiert.
Sein symphatisches Gesicht mit dem immer breiten Lachen und schon fast kindlich schelmisch glänzenden Augen werde ich für immer in Erinnerung behalten.
Lars Haefner